Schon seit Jahren ist Cloud ein Thema bei den Fachleuten in der IT. Nun wird Cloud auch für Rechtsanwälte und Kanzleien interessant. Was ist eigentlich die „Cloud“? Wikipedia schreibt:
„Cloud Computing (deutsch Rechnerwolke oder Datenwolke beschreibt die Bereitstellung von IT-Infrastruktur wie beispielsweise Speicherplatz, Rechenleistung oder Anwendungssoftware als Dienstleistung über das Internet.“
Für Rechtsanwälte gibt es verschiedene Anwendungsbereiche, die wir nachfolgend vorstellen möchten:
Während einige Cloud Lösungen für Rechtsanwälte schon viele Jahre bekannt sind und von vielen Kollegen bereits genutzt werden, hat die Entwicklung von Cloud Lösungen zur Nutzung einer Kanzleisoftware als Fachanwendung erst in den letzten Jahren begonnen. Die Nutzung einer Kanzleisoftware in der Cloud bringt unzählige Vorteile, gerade für Nutzer die an verschiedenen Orten arbeiten, mit sich. Gleichzeitig ist eine Umstellung der Arbeitsweise und Arbeitsabläufe notwendig.
Neben dem Hosting einer klassichen Windows Kanzleisoftware wie z.B. RA-MICRO oder Datev in einem Rechenzentrum, gibt es moderne Online Kanzleisoftware, für die Windows Betriebssysteme nicht mehr Voraussetzung sind. Online Kanzleisoftware wird im Rechenzentrum gehostet, Stichwort Software as a Service (SAAS) und mit einem Internetbrowser genutzt. Als Arbeitsgeräte des Nutzers kommen daher alle Geräte in Betracht, auf denen ein Internetbrowser läuft. Neben einem PC oder Notebook sind damit auch Tablets und Smartphone geeignet. Da Internetbrowser auf vielen Betriebssystemen verfügbar sind, ist Online Kanzleisoftware auf Windows, Apple und Linux PC’s nutzbar.
Zusammen mit neuen Web Technologien wie responsive Webdesign ergeben sich vielfältige Möglichkeiten für den Nutzer. Responsive Webdesign ermöglicht, die Bedienung einer Software mit verschiedenen Geräten. So macht es keinen Unterschied, ob ein Monitor im Querformat (PC, Notebook) oder im Hochkantformat (Tablet, Smartphone) verwendet wird. Auch der Auflösung der Monitore passt sich die Software automatisch an. So ist die Darstellung beispielsweise auch auf hochauflösenden Mac Monitore wie den Apple Retina Displays problemlos möglich.
Beispiele für Cloud Kanzleisoftware sind Actaport und Legalvisio.
Bei einer Datensicherung in die Cloud werden Kanzleidaten zur Sicherheit in einem Rechenzentrum gespeichert. Dies hat den entscheidenden Vorteil, dass eine Datensicherung außerhalb der Kanzleiräume existiert. Bei einem Brand oder Diebstahl ist somit eine Datensicherung vorhanden. Da die Daten in einem Rechenzentrum gespeichert werden, müssen die Daten verschlüsselt werden. Sinnvoll ist zur Optimierung der Übertragung weiterhin, die Daten zu komprimieren und nach einer Grundsicherung nur veränderte Daten zu sichern. Bei der Planung der Datenwiederherstellung muss man bedenken, dass das Herunterladen der Datensicherung aus der Cloud entsprechend der Datenmenge und der Bandbreite der Internetverbindung Zeit benötigt und die Daten wieder entschlüsselt werden müssen.
Neben einem zuverlässigen Onlinespeicher wird ein Datensicherungsprogramm benötigt, dass an den Onlinespeicher angeschlossen werden kann und die Ver- und Entschlüsselung sowie die Datenkomprimierung beherrscht. Wie bei jeder professionellen Datensicherung sollte eine Email Benachrichtigung bei Erfolg oder Fehlern an der Kanzlei erfolgen.
Exchange Hostring ist ein Anwendungsfall, bei dem ein Exchange Postfach im Rechenzentrum zur Verfügung gestellt wird. Ein Exchange Hosting Postfach ermöglicht die Nutzung von Email, Kontakten und Kalender/Terminen mit mehreren Geräten. So kann ein Exchange Postfach beispielsweise in der Kanzlei mit Outlook genutzt werden und außerhalb der Kanzlei mit einem Mobilgerät, wobei das Mobilgerät ein Notebook (Outlook), Smartphone oder Tablet , beispielsweise ein iPhone oder iPad sein kann. Exchange hat sich als ein Hersteller übergreifender Standard für Email, Kontakte und Kalender etabliert. Somit hat man auch unterwegs immer alle aktuellen Termine und Emails verfügbar. In der Kanzlei erfasste Termine sind unverzüglich auf dem Mobilgerät sichtbar.
Für Nutzer, die Ihre Termine, ihren Kanzleikalender in einer Kanzleisoftware führen, muss bei Exchange Hosting gewährleistet werden, dass eine Synchronisation zwischen Outlook / Exchange stattfinden kann oder die gehosteten Exchange Postfächer direkt in die Kanzleisoftware eingebunden werden können.
Eine weitere Möglichkeit E-Mail auf verschiedenen Geräten zu nutzen lässt sich auch über die Verwendung von IMAP Postfächern realisieren. Das Internet Message Access Protocol (IMAP) ist ein Netzwerkprotokoll, das ein Netzwerkdateisystem für E-Mails bereitstellt. IMAP Postfächer können in Mailprogramme wie Outlook und Thunderbird, oft auch direkt in die Kanzleisoftware eingebunden werden. Eingehende Emails und Ordner im Posteingang werden über alle angeschlossenen Geräte synchronisiert. Wichtig zu beachten ist, dass der Gedanke des IMPA Protokolls bei einigen Providern nur auf den Posteingang angewandt wird. Es gibt auch Provider, die die IMAP Funktionalität auch auf den Postausgang anwendet, z.B. all-inkl.com .
Sowohl für Exchange Hosting als auch für IMAP gibt es von Seiten der Provider in der Regel eine Größenbeschränkung der Email Postfächer. Als Nutzer muss man daher dafür Sorge tragen, seine Emails in einem eigenen System zu speichern und zu archivieren. Für Kanzleien empfiehlt sich, dies in der Kanzleisoftware zu tun und Emails zu elektronischen Akte zu speichern. Mit an die Kanzleisoftware angebundenem Archivsystem ist eine rechtssichere Langzeitarchivierung möglich.
Ein Online Datenspeicher in einem Rechenzentrum bietet die Möglichekit, überall auf seine Dateien zugreifen zu können. Bekannte Anbieter sind Google Drive, One Drive oder Dropbox. Auch bei Onlinedatenspeichern besteht die Problematik des Datenschutzes, da die Dateien auf fremden Servern in fremden Rechenzentren gespeichert werden. Es ist daher eine Verschlüsselung zu empfehlen, bevor die Daten in ein Rechenzentrum übertragen werden. Weiterhin gibt es Anbieter, die sich besonders dem Datenschutz verpflichtet haben, deutsche bzw. europäische Datenschutzbestimmungen einhalten und eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung anbieten. Ein Anbieter ist hier tresorit aus der Schweiz.
Alternative ist die Nutzung eines eigenen Dateiaustauschservers, beispielsweise der Betrieb einer Owncloud oder NextCloud Installation auf eigener Hardware. So können OwnCloud und NextCloud auf einem RaspberryPi betrieben werden. Owncloud und Nextcloud bieten weiterhin die Möglichkeit, Termine und Kontakte zu speichern. In dieser Funktionalität entsprechen Owncloud und Nextcloud fast einem Exchange Server. Zumindest für die eigenen Termine und Kontakte auf dem Smartphone kann man damit den Cloud Diensten der großen Anbieter wie google, Apple oder Microsoft „entkommen“. Die Anbindung an PC’s ist möglich, wenn Standards wie CalDAV und CardDAV unterstützt werden. MacOS unterstützt die Standards, unter Windows lässt sich beispielsweise Mozilla Thunderbird verwenden.
Neben der reinen Funktion als Datenspeicher gibt es bei fast allen Lösungen Clients für PC’s und Mobilgeräte (Smartphones, Tabletts), die eine Synchronisation der Daten ermöglicht. Somit hat man auf allen Geräten seine aktuellen Dateien.
Über Online Datenspeicher kann man beispielsweise auch die Nutzung mobiler elektronischer Akten. Viele E-Akten der Kanzleisoftware Programme und Dokumentenmanagement Systeme bieten die Möglichkeit, die E-Akte als PDF auszugeben oder zu drucken. Diese PDF E-Akte kann man auf einem Onlinedatenspeicher ablegen und hat die Akten damit auf allen angeschlossenen Geräten verfügbar.
Der wesentliche Vorteil einer Rechenzentrumslösung liegt in der Verfügbarkeit, sowohl örtlich als auch hinsichtlich der Zuverlässigkeit. Eine Anwendung im Rechenzentrum ist über Internet von „überall“ aus nutzbar, Internet vorausgesetzt. In der Regel werden Anwendungen im Rechenzentrum professionell gewartet, so dass kaum Ausfallzeiten zu erwarten sind. Technisch wird dies durch entsprechende Server Hardware und redundante Systeme bzw. Systemkomponenten realisiert. Zusätzlich sind Rechenzentren mit Zugangssicherungssystemen, Brandschutzanlagen usw. ausgestattet.
Dem größten Vorteil, ständige Verfügbarkeit, steht der größte Nachteil gegenüber: Abhängigkeit von einem Internetzugang und dem Anbieter der Dienstleistung oder des Rechenzentrums. Die Hoheit über Daten und Systeme wird ausgelagert. Es gibt in der Kanzlei keine physikalischen Datenträger, auf denen die eigenen Daten verfügbar sind.
Die Nachteile hinsichtlich der Hoheit der Daten kann man durch Auswahl eines geeigneten Rechenzentrums beeinflussen.
In Deutschland wurde 2010 die Initiative Cloud Services Made in Germany ins Leben gerufen. Dabei geht es um die Rechtssicherheit beim Einsatz von Cloud-Computing-Lösungen. Denn bei den Unternehmen, die daran beteiligt sind, liegen die Kundendaten ausschließlich in Deutschland und unterliegen damit dem deutschen Recht und Datenschutz. Folgende Aspekte sind bei der Initiative wichtig:
Ein Anbieter von Online Kanzleisoftware im Rechenzentrum / Cloud, der der Innitiative angehört, ist beispielsweise Actaport.